Dolmen und Menhire im L’Empordà
Auf Ausflügen begegnen wir oft Schildern mit dem Hinweis “ Dolmens“, die auf eine einzigartige Entdeckungsreise in prähistorische Zeiten einladen. Eingebettet in die schönsten einsamen Berglandschaften erwarten uns steinerne Grab- und Kultstätten unserer Vorfahren zurückgehend bis in die Jungsteinzeit. Sie versetzen uns in eine Zeit der Jäger und Sammler, die sich hier in kleinen Gruppen ansiedelten und Grab- und Kultstätten aus riesigen Steinen errichteten, bis zu 7000 Jahren vor unserer Zeit. Große Steinplatten wurden vertikal aufgerichtet und dienten sozusagen als Säulen für eine große flache Decksteinplatte. Diese Dolmen stellen den Höhepunkt der Megalithkultur dar. Die meisten sind sog. Korridor- oder Galeriegräber. Hierin wurden meistens mehrere Menschen begraben, oft auch zeitlich hintereinander. Andere Gräber deuten wiederum auf Einzelbestattung einer wahrscheinlich höher gestellten Person hin; diese nennt man hier Cista, ein Individualgrab aus Steinen, das in die Erde eingelassen und verschlossen war.
Die Menhire hingegen sind aufrecht gesetzte Steine inmitten der Landschaft. Das Wort Menhir leitet sich ab aus dem Bretonischen: men = Stein und hir = lang. Menhire können sowohl einzeln stehen als auch in Reihen oder Kreisen angeordnet sein. Sie waren soziale Zentren und Kulturanlagen. Auffallend ist, dass sie ebenso wie die Dolmen an strategisch oder landschaftlich besonders interessanten Punkten zu finden sind.
Die Megalithkultur leitet ihren Namen ab aus dem Griechischen: mègas = groß und lithos = Stein. Sie war weit verbreitet, hauptsächlich im nördlichen und westlichen Europa mit frühen Zeugnissen hier im Mittelmeerraum, aber auch in der Bretagne. Die Tradition der Megalithbauweise konnte jedoch nur an Stellen entstehen, wo solch große Steine vorhanden waren und mit den Mitteln der damaligen Zeiten auch transportiert werden konnten. Diese Kulturform gab es weltweit unabhängig voneinander, aber wahrscheinlich mit ähnlichen, gemeinsamen Glaubens- und Kultvorstellungen wie die Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod. Dies lässt sich aus den Funden von Grabbeigaben wie Ketten, Schiefertafeln, Schmuck oder Keramikschalen schließen. Die aus unserer Region stammenden Funde werden meistens im archäologischen Museum von Barcelona aufbewahrt.
Man datiert die Megalithkultur bis zurück in die Bronzezeit, die letzten Zeugnisse wurden auf Sardinien gefunden und stammen etwa aus der Zeit von 800 v. Chr. Viele der Megalithen in Europa wurden im Laufe der Zeit zerstört und beseitigt, besonders während der Industrialisierung, durch Flurbereinigungen und Bebauung der Landschaften. Aber auch schon im frühen Mittelalter fielen die Megalithen religiösen Motiven zum Opfer. Man glaubte, sie seien von Teufels Hand erschaffen. Einige Namen zeugen noch hiervon. So sind in manchen Gebieten nur noch ca. 5 % der ursprünglich vorhandenen Grabmäler und Kultstätten erhalten.
In den Alberabergen wurde eine besonders hohe Konzentration dieser prähistorischen Relikte gefunden. Diese ziehen sich in westöstlicher Richtung ca. 25 km als deren Ausläufer ins Mittelmeer hinein. Das wunderschöne einsame Wandergebiet liegt eingebettet zwischen den Gipfeln des Puig Neulós (1.257m), des Puig dels Pastors (1167m)und des Puig Jorda (753m). Die Albera-Berge waren seit jeher wichtiges Durchreise- und Siedlungsgebiet der Steinzeitmenschen und vieler nachkommenden Völker, nicht zuletzt wegen der Nähe zum Meer und wegen der relativ niedrigen Pässe, die eine Überwindung der natürlichen Barriere der Pyrenäen erleichterte.
Auch hier zeigt sich, wie wichtig die Protektion der Landschaft ist¸ denn ohne den Schutz der Nationalparks wären sicher auch hier viele der Zeugnisse aus prähistorischer Zeit einfach verschwunden. Die „Serra de Albera“ wurde 1986 mehrheitlich zum Naturpark erklärt und trotz Nähe zu den Touristenzentren der Küste begegnet man hier auf Wanderungen eher einer Kuhherde oder einem Esel als einem Menschen.
Allein im Roussillon auf französischer Seite und im Alt Empordá zählt man bisher 112 Dolmen, 19 Menhire, 7 Cisten mit Hügelgrab, 378 Felsen mit Gravuren sowie 2 neolithische Dörfer; und die Ausgrabungen und Funde gehen weiter. Vermutlich ist es der Unberührtheit der einsamen Landschaften entlang der Albera-Berge, der Serra de Rodes und des Cap de Creus zu verdanken, dass hier so erstaunlich viele Zeugnisse dieser prähistorischen Kultur zu finden sind. Diese Gebiete sind unterdessen alle als Naturparks deklariert, so steht der weiteren Entdeckung dieser Monumente nichts entgegen.
Ca 50 % der Dolmen befindet sich in höheren Berglagen, deren Besichtigung erfordert einigen Sportsgeist. Andere wiederum sind auch in der Ebene, deren Besuch ist einfacher. .
Schon im Grenzgebiet La Jonquera beginnt die Reise in die Jungsteinzeit. Sie setzt sich fort über die Landstraße in Richtung Meer, wo die Ortschaften Capmany, Sant Climent Sescebes, Espolla, Rabós, Garriguella, Vilajuiga, Pau, Palau-Saverdera bis hin zum touristischen Zentrum Roses wichtige Ausgangspunkte für Wanderungen zu den Dolmen und Menhiren führen. An dieser Stelle sei auf ein zweisprachiges (Katalanisch und Französisch) Buch* verwiesen, das viele lohnende und landschaftlich einmalige Ausflüge und Wanderungen in der Albera beschreibt, sowohl auf der französischen als auch auf der katalanischen Seite.
Zwei dieser Ausflüge sollen hier als Exempel dienen für das Erleben dieser Vergangenheitsdokumente; sie bersten vor Ruhe und Beschaulichkeit und führen uns durch reizvolle Landschaften.
Unterwegs begegnet man auf kurzer Distanz allein 9 Dolmen, 4 Menhiren und einer Felszeichnung, dem „Pedra dels Sacrificis“ . Die Wanderung führt durch wunderbare Korkeichengebiete, gesäumt von gewaltigen runden Felsen, einzeln und in Gruppen, wie von Geisterhand in die Landschaft platziert. Die beiden Teiche sind aber im Sommer nur als Schilflandschaft zu erkennen. Die Stille und die Einsamkeit der abwechslungsreichen Landschaft beflügelt die Fantasie, in die Vergangenheit zu schweifen. Die Wanderung ist einfach und ohne große Höhenunterschiede.
Die zweite Wanderung führt uns durch das Dorf Vilajuiga in Richtung Straße nach St. Pere de Rodes. Bald nach dem Ortsausgang begegnet uns das Dolmenschild auf der rechten Seite. Einen Teil der Strecke kann man noch per Auto zurücklegen, dann geht der Weg zu Fuß entlang gelber Strichmarkierungen immer weiter aufwärts.
Die Entdeckung und Rekonstruktion der prähistorischen Monumente geht weiter und auch unsere Entdeckungsreise zu den Domen und Menhiren wird sich fortsetzen, vielleicht im Frühjahr und Herbst, wenn die Wasser nicht ausgetrocknet sind und die Hitze weniger belastet. In dieser unberührten Natur mit seiner einmaligen Flora und Fauna reist die Fantasie weit zurück in die Steinzeit mit vielen Fragen an unsere Vorfahren: Wie habt ihr diese wuchtigen Riesensteinplatten aufgerichtet, welche Bestattungsrituale gab es, wie lebte es sich damals, als die Region noch viel feuchter war und von mächtigen Wäldern beschattet?
Egal ob in Llançá, Port de la Selva, Cadaqués oder Roses, überall gibt es Dolmen zu besichtigen. Die Tourismusbüros halten für diese Ausflüge reichhaltiges Informationsmaterial bereit.
* L’Albera, Les Albères, ISBN: 2-9515352-0-1
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